CM3 – Entwicklungsphasen, Organisationstypen & Prozesse der OE

Im Rahmen meiner Qualifizierung zum Change Manager (IHK) dokumentiere ich hier mein erlerntes und wiederholtes Wissen aus dem Studienmaterial. Dieser Beitrag dient zugleich als Lerntagebuch und kompakte Referenz für zentrale Modelle und Prozesse der Organisationsentwicklung.

Entwicklungsphasen von Organisationen

Organisationen entwickeln sich typischerweise in vier Phasen. Jede Phase löst die Krisen der vorherigen Phase – und bringt neue Herausforderungen mit sich.

1. Pionierphase

  • Bild: Organisation als Familie oder Stamm
  • Kern: Visionäre Pionierpersönlichkeit, direkter Kontakt, hohe Motivation
  • Führung: Charismatisch, improvisierend, informell
  • Krise: Chaos, Intransparenz, Willkür, fehlende Strukturen

2. Differenzierungsphase

  • Bild: Organisation als Apparat
  • Kern: Planung, Spezialisierung, Hierarchie, Standardisierung
  • Führung: Sachorientiert, technokratisch, durch klare Regeln
  • Krise: Bürokratie, Koordinationsprobleme, Kundenferne

3. Integrationsphase

  • Bild: Organisation als lebendiger Organismus
  • Kern: Ganzheit, Selbstorganisation, Kundenfokus, Prozessdenken
  • Führung: Situativ, fördernd, partizipativ
  • Krise: „Egoistische“ Binnenorientierung, Zielkonflikte mit Umwelt

4. Assoziationsphase

  • Bild: Organisation als Teil eines Biotops
  • Kern: Systemübergreifende Kooperation mit Umwelt und Partnern
  • Führung: Netzwerktauglich, grenzübergreifend, strategisch
  • Krise: Machtballung, Demokratierisiken durch „Staat im Staat“

Die sieben Wesenselemente im Wandel

WesenselementEntwicklung über die Phasen
IdentitätVon persönlicher Vision zur gemeinschaftlich reflektierten Mission bis hin zur kooperativ gelebten Position im Umfeld
StrategienVon intuitiv über formale Steuerung bis hin zu gemeinsamen Zukunftsprogrammen
StrukturVon informell und flexibel über hierarchisch zu dezentral-vernetzt
MenschenVon charismatisch-geführt über technokratisch bis zur emanzipierten Mitverantwortung
FunktionenVon Allround-Funktionen über Spezialisierung hin zu integrierten Rollen
AbläufeVon Improvisation über Routine hin zu dynamischen, selbststeuernden Prozessen
Physische MittelVon improvisierter Nutzung über technische Dominanz hin zu kooperativer Ressourcennutzung im Verbundsystem

Organisationstypen im Vergleich

Diese Typologie orientiert sich am dreidimensionalen Menschenbild und hilft, Entwicklungsbedarf und Zielkonflikte zu erkennen.

OrganisationstypFokusBeispiele
ProduktorganisationKörperlich-physischIndustrie, Produktion, Fertigung
DienstleistungsorganisationSozial-emotionalBanken, Verwaltungen, Krankenhäuser
Professionelle OrganisationGeistig-intellektuellForschung, Schulen, Beratung, Entwicklung

Ziele der OE je nach Typ:

  • Produkt: Sichtbarkeit des Gesamtprozesses, Teamarbeit, Sinnstiftung
  • Dienstleistung: Beziehungsqualität, Handlungsspielräume, Kundenorientierung
  • Professionell: Selbststeuerung, Reflexion, kollektive Lernprozesse

Prozesse der Organisationsentwicklung

Die sieben Basisprozesse:

  1. Diagnoseprozesse
    • Erfassen der aktuellen Lage (Probleme, Stärken, Ursachen)
    • Ebenen: Datensammlung – Analyse – Diagnose
  2. Zukunftsgestaltungsprozesse
    • Ziel- und Leitbildentwicklung, Szenarien, Visionen
    • Spannungsfeld: Müssen – Dürfen – Wollen – Können
  3. Psychosoziale Prozesse
    • Beziehungsklärung, Teamstärkung, Konfliktbearbeitung
    • Ziel: Emotionale Kohärenz im Wandel
  4. Lernprozesse im engeren Sinne
    • Kompetenzaufbau (Fach-, Methoden-, Sozial- und Handlungskompetenz)
    • Lernen durch Arbeit: Rotation, Projektarbeit, Coaching
  5. Informationsprozesse
    • Transparente Kommunikation, aktive Einbindung
    • Medienmix aus digital & persönlich
  6. Umsetzungsprozesse
    • Konkrete Maßnahmenplanung, Verantwortlichkeiten, Zeitrahmen
    • Umsetzung beginnt so früh wie möglich – nicht erst „nach dem Planen“
  7. Change-Management-Prozesse
    • Steuerung und Integration aller anderen Prozesse
    • Projektstruktur, Entscheidungswege, Beteiligungsformate

Strategien des Einstiegs in OE-Prozesse

StrategieBeschreibung
Top-downBeginn in der Führungsebene – hohe Autorität, Vorbildwirkung
Bottom-upBeginn an der Basis – stark, wenn Mitarbeitende initiativ sind
ZweiseitigMittlere Führung als Brücke nach oben und unten
BipolarParallel von oben und unten – bei „Lähmschichten“ in der Mitte
KeilstrategiePilotbereich als Prototyp – zum Anstoßen systemweiter Prozesse
FleckenstrategieInseln der OE, die durch Sogwirkung wachsen – ideal bei verteilten Unterstützern

Fazit

Organisationsentwicklung ist kein Rezept, sondern ein dynamischer Prozess mit Prinzipien, Modellen und Methoden. Wer OE aktiv gestaltet, braucht Systemverständnis, Menschenkenntnis und strategisches Denken. Die Kunst liegt darin, die richtige Balance aus Struktur und Wandel, Planung und Resonanz, Steuerung und Selbstorganisation zu finden.

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